Konfrontationstherapie: Angststörungen überwinden durch Exposition
Voelkner & Radßat GbR • 22. April 2025
Willkommen zur neuen Episode unseres Podcasts, in der wir das Thema Konfrontationstherapie bei Angststörungen vertiefen. Wir erklären, was Exposition ist und stellen die verschiedenen Formen vor: in vivo, in sensu, in virtuo, graduiert und massiert. Erfahre, wie Expositionstherapie konkret abläuft, warum sie funktioniert und wie sie am besten gestaltet sein sollte, um maximale Erfolge zu erzielen. Darüber hinaus sprechen wir über die Anwendung von Exposition bei PTBS, Essstörungen und Alkoholabhängigkeit. Diese Folge ist ein Muss für alle, die mehr über effektive Angstbewältigungsstrategien erfahren möchten.
Was ist Konfrontationstherapie und Exposition
Formen der Konfrontation
Die Konfrontation kann auf zwei Dimensionen angeordnet werden: Zum einen nach der Art der Reizpräsentation und zum anderen nach der Intensität der Reizpräsentation (Bentz et al., 2009).
Art der Reizpräsentation
Der angstauslösende Reiz kann in der Realität (in vivo), in der Vorstellung (in sensu bzw. imaginativ) sowie virtuell (in virtuo) präsentiert werden. Patient:innen können sich also tatsächlich, das heißt in der Wirklichkeit, mit einem angstauslösenden Reiz (z.B. einer Spinne) konfrontieren – in vivo. Patient:innen können sich die gleiche Situation aber auch sehr intensiv im Kopf vorstellen – imaginativ – oder eine virtuelle Realität (z. B. eine VR-Brille) nutzen, um die gleiche Situation zu durchleben – in virtuo. Bereits 1996 konnte Decety zeigen, dass das Vorstellen von Bewegungen und das tatsächliche Ausführen von Bewegungen auf ähnlichen neuronalen Mechanismen beruht. Eine von vielen Studien, die zeigen, dass unser Gehirn wenig zwischen Imagination und tatsächlichem Erleben unterscheidet, weswegen Exposition in sensu vermutlich funktioniert. Generell scheint die In-vivo-Konfrontation aber effektiver zu sein als die In-sensu-Konfrontation (Benzt et al., 2009).
Angstkurve
Patient:innen mit einer Angststörung haben eine Erwartung-(sangst) bezüglich des Angstverlaufs und der dazugehörigen Körperreaktionen (vgl. Abb. 1). Entweder erwarten sie, dass die Angst bis zu einem maximalen Niveau steigt und auf diesem Plateau bleibt (Gruppe A) , oder sie glauben, dass die Angstreaktion „ins Unendliche“ steigt (Gruppe B). Der Umgang mit der Erwartungsangst besteht oft in Vermeidung. Die angstbesetzte Situation wird verlassen, wodurch es zu keiner korrigierenden Erfahrung kommt, dass die erwartete Angstreaktion nicht eintritt. Das Vermeidungsverhalten hält die Angststörung aufrecht. In einer zukünftigen, angstbesetzten Situation wird es erneut zu einer Angstreaktion und sehr wahrscheinlich zu einer Vermeidung der Situation kommen. Die Konfrontationstherapie durchbricht diesen Mechanismus, da die Patient:innen in der angstbesetzten Situation bleiben und diese aushalten (keine Vermeidung). Die Angstreaktion schwächt sich von alleine ab (Gruppe C), sodass die Patient:innen lernen, dass der angstauslösende Reiz ungefährlich ist und der erwartete Angstverlauf gar nicht eintritt (korrigierende Erfahrung).
Mechanismen der Wirksamkeit von Konfrontationstherapie
Grundsätzlich ist die korrigierende Erfahrung (vgl. Kapitel 2.1) ein wichtiger Wirkmechanismus der Konfrontationstherapie.
Es gibt drei weitere Wirkmechanismen, die berücksichtigt werden sollten, um eine nachhaltige und langfristig wirksame Konfrontation zu erzielen. (1) Verschiedene Kontexte: Die neue Lernerfahrung durch die Konfrontation (vgl. Kapitel 2.1) ersetzt nicht die vorherige Erfahrung, sondern beide Erfahrungen existieren parallel. Die Konfrontation sollte in so vielen Kontexten wie möglich durchgeführt werden (Bentz et al., 2009), um eine nachhaltige sowie kontextunabhängige Wirksamkeit zu erzielen (Generalisierung). Mit Kontexten ist gemeint, dass die Konfrontation zu verschiedenen Zeitpunkten, an verschiedenen Orten, mit ähnlichen, aber nicht identischen, angst-auslösenden Reizen durchgeführt wird. (2) Erlebte Kontrolle: Patient:innen sollten während der Konfrontationstherapie die Kontrolle behalten und jederzeit die Möglichkeit zur kontrollierten Flucht haben (Bentz et al., 2009). (3) Sicherheitssignale weglassen: Das Vorhandensein eines Sicherheitssignals (z.B. Medikament, Person, Glücksbringer) während der Konfrontation mit einem angstauslösenden Reiz vermittelt Sicherheit (Bentz et al., 2009). Die Angstreaktion kann durch ein Sicherheitssignal verringert werden. Ist das Sicherheitssignal in einer angstbesetzten Situation dann nicht vorhanden, kann das Wegbleiben zum Angstauslöser werden.
Kombinationsbehandlung von Angststörungen
Psychische Störungen können monotherapeutisch (medikamentöse Therapie oder Psychotherapie) oder als Kombinationsbehandlung (medikamentöse Therapie und Psychotherapie) behandelt werden. Angststörungen werden medikamentös mit Benzodiazepinen und Antidepressiva behandelt (Bentz et al., 2009). Benzodiazepine führen zwar kurzfristig zu einer Symptomreduktion, sind aber zur langfristigen Verbesserung der Angstsymptomatik nicht geeignet, da die Konfrontationstherapie im Vergleich zur Benzodiazepin-Behandlung hinsichtlich der Stabilität der Therapieerfolge überlegen ist (Bentz et al., 2009). Dementsprechend ist monotherapeutisch eine medikamentöse Therapie von Angststörungen kurzfristig möglich, aber langfristig nicht sinnvoll.
Zur langfristigen Behandlung von Angststörungen sollte eine Psychotherapie und keine Kombinationsbehandlung durchgeführt werden (Bentz et al., 2009). Wenn während der Konfrontationstherapie eine medikamentöse Therapie mit angstlösenden Medikamenten stattfindet, fehlt bei der Konfrontation mit dem angstauslösenden Reiz die Angstreaktion. Es kann somit zu keiner korrigierenden Erfahrung (vgl. Kapitel 2.1) kommen. Eine Kombinationsbehandlung ist nicht sinnvoll. Exposition ist der Goldstandard bei der Behandlung von Angststörungen.
Literatur
Die Exposition ist der Konfrontationstherapie zuzuordnen, eine Technik in der Verhaltenstherapie, bei der sich Patient:innen mit einem angstauslösendem Reiz konfrontieren und die Situation aushalten. Es geht um die bewusste Auseinandersetzung mit Ängsten und unangenehmen Gefühlen statt Vermeidung. Die Konfrontationstherapie ist die effektivste Therapie zur Behandlung von Angststörungen, wird aber auch zur Behandlung weiterer Störungen (Essstörungen, Abhängigkeitserkrankungen, usw.) eingesetzt (Bentz et al., 2009).
Formen der Konfrontation
Die Konfrontation kann auf zwei Dimensionen angeordnet werden: Zum einen nach der Art der Reizpräsentation und zum anderen nach der Intensität der Reizpräsentation (Bentz et al., 2009).
Art der Reizpräsentation
Der angstauslösende Reiz kann in der Realität (in vivo), in der Vorstellung (in sensu bzw. imaginativ) sowie virtuell (in virtuo) präsentiert werden. Patient:innen können sich also tatsächlich, das heißt in der Wirklichkeit, mit einem angstauslösenden Reiz (z.B. einer Spinne) konfrontieren – in vivo. Patient:innen können sich die gleiche Situation aber auch sehr intensiv im Kopf vorstellen – imaginativ – oder eine virtuelle Realität (z. B. eine VR-Brille) nutzen, um die gleiche Situation zu durchleben – in virtuo. Bereits 1996 konnte Decety zeigen, dass das Vorstellen von Bewegungen und das tatsächliche Ausführen von Bewegungen auf ähnlichen neuronalen Mechanismen beruht. Eine von vielen Studien, die zeigen, dass unser Gehirn wenig zwischen Imagination und tatsächlichem Erleben unterscheidet, weswegen Exposition in sensu vermutlich funktioniert. Generell scheint die In-vivo-Konfrontation aber effektiver zu sein als die In-sensu-Konfrontation (Benzt et al., 2009).
Intensität der Reizpräsentation
Die Konfrontation mit dem angstauslösenden Reiz (z. B. einer Spinne) kann einerseits schrittweise und andererseits massiert geschehen. Bei einer schrittweisen Konfrontation erstellen Patient:innen zusammen mit einer Therapeut:in eine Liste angstauslösender Reize in aufsteigender Reihenfolge, vom geringsten bis zum stärksten angstauslösenden Reiz (Angsthierarchie). Beispielsweise könnte bei einer Spinnenphobie der geringste angstauslösende Reiz das Sehen einer Kellertür und der stärkste angstauslösende Reiz eine Spinne auf der eigenen Hand sein. Die Exposition beginnt dann mit dem geringsten und endet mit dem stärksten angstauslösenden Reiz. Bei einer massierten Konfrontation wird direkt mit dem stärksten angstauslösenden Reiz begonnen. Patient:innenspezifisch wird die passende Art der Reizpräsentation mit der passenden Intensität der Reizpräsentation kombiniert, um eine effektive und nachhaltige Konfrontationstherapie durchzuführen. Warum Konfrontationstherapie funktioniert
Patient:innen mit einer Angststörung haben eine Erwartung-(sangst) bezüglich des Angstverlaufs und der dazugehörigen Körperreaktionen (vgl. Abb. 1). Entweder erwarten sie, dass die Angst bis zu einem maximalen Niveau steigt und auf diesem Plateau bleibt (Gruppe A) , oder sie glauben, dass die Angstreaktion „ins Unendliche“ steigt (Gruppe B). Der Umgang mit der Erwartungsangst besteht oft in Vermeidung. Die angstbesetzte Situation wird verlassen, wodurch es zu keiner korrigierenden Erfahrung kommt, dass die erwartete Angstreaktion nicht eintritt. Das Vermeidungsverhalten hält die Angststörung aufrecht. In einer zukünftigen, angstbesetzten Situation wird es erneut zu einer Angstreaktion und sehr wahrscheinlich zu einer Vermeidung der Situation kommen. Die Konfrontationstherapie durchbricht diesen Mechanismus, da die Patient:innen in der angstbesetzten Situation bleiben und diese aushalten (keine Vermeidung). Die Angstreaktion schwächt sich von alleine ab (Gruppe C), sodass die Patient:innen lernen, dass der angstauslösende Reiz ungefährlich ist und der erwartete Angstverlauf gar nicht eintritt (korrigierende Erfahrung).
Mechanismen der Wirksamkeit von Konfrontationstherapie
Grundsätzlich ist die korrigierende Erfahrung (vgl. Kapitel 2.1) ein wichtiger Wirkmechanismus der Konfrontationstherapie.
Es gibt drei weitere Wirkmechanismen, die berücksichtigt werden sollten, um eine nachhaltige und langfristig wirksame Konfrontation zu erzielen. (1) Verschiedene Kontexte: Die neue Lernerfahrung durch die Konfrontation (vgl. Kapitel 2.1) ersetzt nicht die vorherige Erfahrung, sondern beide Erfahrungen existieren parallel. Die Konfrontation sollte in so vielen Kontexten wie möglich durchgeführt werden (Bentz et al., 2009), um eine nachhaltige sowie kontextunabhängige Wirksamkeit zu erzielen (Generalisierung). Mit Kontexten ist gemeint, dass die Konfrontation zu verschiedenen Zeitpunkten, an verschiedenen Orten, mit ähnlichen, aber nicht identischen, angst-auslösenden Reizen durchgeführt wird. (2) Erlebte Kontrolle: Patient:innen sollten während der Konfrontationstherapie die Kontrolle behalten und jederzeit die Möglichkeit zur kontrollierten Flucht haben (Bentz et al., 2009). (3) Sicherheitssignale weglassen: Das Vorhandensein eines Sicherheitssignals (z.B. Medikament, Person, Glücksbringer) während der Konfrontation mit einem angstauslösenden Reiz vermittelt Sicherheit (Bentz et al., 2009). Die Angstreaktion kann durch ein Sicherheitssignal verringert werden. Ist das Sicherheitssignal in einer angstbesetzten Situation dann nicht vorhanden, kann das Wegbleiben zum Angstauslöser werden.
Kombinationsbehandlung von Angststörungen
Psychische Störungen können monotherapeutisch (medikamentöse Therapie oder Psychotherapie) oder als Kombinationsbehandlung (medikamentöse Therapie und Psychotherapie) behandelt werden. Angststörungen werden medikamentös mit Benzodiazepinen und Antidepressiva behandelt (Bentz et al., 2009). Benzodiazepine führen zwar kurzfristig zu einer Symptomreduktion, sind aber zur langfristigen Verbesserung der Angstsymptomatik nicht geeignet, da die Konfrontationstherapie im Vergleich zur Benzodiazepin-Behandlung hinsichtlich der Stabilität der Therapieerfolge überlegen ist (Bentz et al., 2009). Dementsprechend ist monotherapeutisch eine medikamentöse Therapie von Angststörungen kurzfristig möglich, aber langfristig nicht sinnvoll.
Zur langfristigen Behandlung von Angststörungen sollte eine Psychotherapie und keine Kombinationsbehandlung durchgeführt werden (Bentz et al., 2009). Wenn während der Konfrontationstherapie eine medikamentöse Therapie mit angstlösenden Medikamenten stattfindet, fehlt bei der Konfrontation mit dem angstauslösenden Reiz die Angstreaktion. Es kann somit zu keiner korrigierenden Erfahrung (vgl. Kapitel 2.1) kommen. Eine Kombinationsbehandlung ist nicht sinnvoll. Exposition ist der Goldstandard bei der Behandlung von Angststörungen.
Ablauf einer Konfrontationstherapie
Die Konfrontationstherapie kann in vier Phasen eingeteilt werden (Michael & Tuscher-Caffier, 2009): - Diagnostische Phase: Anfangs findet Diagnostik statt, um ggf. eine Indikation für eine Psychotherapie zu stellen. Folgend werden angstauslösende Reize herausgearbeitet.
- Psychologische Vorbereitung: Es wird über Angststörungen und Exposition aufgeklärt. Die Erwartungen der Patient:innen werden evaluiert.
- Intensivphase der Exposition: Es kommt zur wiederholten Konfrontation mit angstauslösenden Reizen ohne Vermeidungsverhalten.
- Selbstkontrolle: Die Konfrontation findet in verschiedenen Kontexten ohne Psychotherapeut:in statt.
Literatur
Bentz, D., Michael, T., & Margraf, J. (2009). Konfrontation und Exposition. Psychiatrie und Psychotherapie up2date, 3(06), 409-428.
Decety, J. (1996). Do imagined and executed actions share the same neural substrate?. Cognitive brain research, 3(2), 87-93.
Margraf, J., & Schneider, S. (2009). Panikstörung und Agoraphobie. Lehrbuch der Verhaltenstherapie: Band 2: Störungen im Erwachsenenalter—Spezielle Indikationen—Glossar, 3-30
Michael, T., & Tuschen-Caffier, B. (2009). Konfrontationsverfahren. In J. Margraf & S. Schneider (Hrsg.), Lehrbuch der Verhaltenstherapie: Band 1: Grundlagen, Diagnostik, Verfahren, Rahmenbedingungen (S. 515–530). Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-540-79541-4_32

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